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Rostocker probt Weltneuheit


Supersprung von Frank Sander ist das Ergebnis einer verlorenen Wette.

Für Olympia setzt der Wasserspringer auf stabile Serie.

Rostock (OZ)

Frank Sander ist kein ausgesprochener Zocker-Typ. Er wettet dennoch

ab und zu. Zumindest beim Wasserspringen. So wie bei der WM 2003 in

Barcelona. Tony Adam war seinerzeit der jüngste WM-Teilnehmer von

der ZehnMeter-Plattform. Um dem Youngster aus Dresden Mut

zuzusprechen, schlug er ihm folgendes vor: „Wenn du für den

dreieinhalb Auerbach Wertungen über 7 erhälst, versuche ich einen

zweieinhalb Auerbach mit der gleichen Anzahl Schrauben vom Dreier.“

Dieser Sprung steht zwar in den Listen der Kampfrichter, wurde aber

noch nie gezeigt. Eine Weltneuheit also.

   „Nach Trockenübungen habe ich gemerkt, dass das Ding machbar ist.

Im Wassertraining habe ich ihn auch schon probiert. Und das auch beim

Lehrgang der Olympia-Kandidaten, um Tony meine Bereitschaft zur

Wetteinlösung zu dokumentieren“, berichtete der Schützling von

Trainerin Monika Dietrich. Der zweieinhalb hoch zwei ist einer der

schwierigsten Sprünge. Selbst die Schrauben- und Saltikünstler aus

China haben ihn noch nicht im Wettkampf-Programm. Mit 3,9 besitzt der

Sprung den höchsten Schwierigkeitsgrad.

   Nicht umsonst: In nicht einmal drei Sekunden sind zweieinhalb Salti

kombiniert mit den Schrauben ins Wasser zu bringen. Die Aufnahme in

das aktuelle Kürprogramm wurde aber erst einmal auf Eis gelegt. „Wir

wollen uns auf die gegenwärtige Serie konzentrieren. Die sauber ins

Wasser zu bringen, ist anspruchsvoll genug“, meint die Trainerin.

   Stabilität ist gefragt. Nicht nur beim Internationalen Springertag

Anfang März in Rostock, sondern auch eine Woche später in Elektrostal

bei Moskau. Zwei Stationen, bei denen Sander seinen internationalen

Leistungsnachweis (Platz 1 bis 8) erbringen kann.

   Und was die Weltneuheit angeht: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

„An dem Sprung bleibe ich dran. Es ist einer für die Zukunft. Man muss

über den berühmten Tellerrand hinaussehen. Das Leben geht nach

Olympia weiter.“

   Bereits vor einem Jahr stellte der Rostocker seinen innovativen

Charakter unter Beweis. Um vom DSV für internationale Wettbewerbe

nominiert zu werden, fehlte dem Hobby-Kitesurfer der nötige

Schwierigkeitsgrad. Quasi über Nacht erlernte er den viereinhalbfachen

Salto vorwärts. Beim 48. Springertag sprang er ihn zum ersten Mal in

seiner Serie.

   Es war der Durchbruch des Frank Sander. Die Kehrtwende bestätigte

ihm auch der stets kritische Auswahlcoach Buschkow. Nun wieder das

Basteln an einer Weltneuheit. „Damit könnte ich das Programm enorm

aufstocken, Punkte sammeln. Um Letzteres aber zu erreichen, ist

Qualität gefragt. Was nutzt die Premiere, wenn das Ding in die Hose

geht. Deshalb auch die perspektivische Denkweise", so Sander, der

insgeheim schon einen weiteren Ausnahmesprung ins Auge gefasst hat:

den zweieinhalb Auerbachsalto mit zweieinhalb Schrauben.

BERND-DIETER HEROLD

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